Pflanzenportrait
Kamille
Familie: Korbblütler - Asteraceae
Lateinisch: Matricaria chamomilla (oder Chamomilla recutita, Rauschert)
Drogen-Name: Matricaria Flores (Kamillenblüten) und Chamomillae Aetheroleum (Kamillenöl)
Andere Namen: Feldkamille, Garmille, Hermel, Kummerblume, Mägdeblume, Mueterchrut.
Botanik:
Vorkommen: v. a. in Getreidefeldern, auch an Wegrändern, Bahndämmen, Schuttplätzen.
Stängel: bis 50 cm hoch wachsend, verzweigt, aufrecht.
Blüten: endständig und einzeln; Köpfchenboden gelb, kegelförmig und hohl (!); Zungenblüten weiß; angenehmer Duft.
Blätter: wechselständig, 2- bis 3-fach gefiedert.
Ernte: es werden die Blütenköpfchen im Mai bis Juni geerntet.
Verwechslungsmöglichkeiten: Geruchlose Kamille (Matricaria maritima):sie hat einen ausgefüllten Köpfchenboden, der kleiner und rundlicher ist als bei der Echten Kamille, und sie riecht nicht. Strahlenlose Kamille (Matricaria discoidea) sie hat keine weißen Zungenblüten und riecht nach Kamille.
Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl (v. a. Chamazulen und Bisabolol), Flavonoide, Cumarine.
Wirkweise: karminativ, entzündungshemmend und -widrig, krampflösend, wundheilungsfördernd, beruhigend, keimtötend, antibakteriell, desinfizierend.
Nebenwirkungen, Gegenanzeigen und Kontraindikationen: Hautreizend bei Menschen, die gegen Kamille oder Korbblütler allergisch sind. Bei Dauergebrauch können Schwindel, Bindehautentzündungen und nervöse Unruhe auftreten. Kamillentee soll nicht für Augenspülungen verwendet werden, da sie die Bindehäute reizen kann.
Kommission E: Positivmonographie erhalten für:
Innerliche Anwendung: Magen-Darm-Krämpfe und Entzündungen des Magen-Darm-Traktes. Äußerliche Anwendung: Haut- und Schleimhautentzündungen, bakterielle Hauterkrankungen auch im Mund und am Zahnfleisch, entzündliche Erkrankungen und Reizzustände der Luftwege (Inhalation), Erkrankungen im Anal- und Genitalbereich (Bäder und Spülungen).
Zubereitung und Dosierung:
Kamillen-Tee: 1-2 Teelöffel Kamillenblüten pro Tasse, mit kochendem Wasser aufgießen, 5-10 Minuten ziehen lassen.
Kamillendampfbad: eine Handvoll Kamillenblüten in einen Eimer geben und mit 1l kochendem Wasser übergießen. 10-15 Min. lang über dem Eimer hocken und die Dämpfe einwirken lassen.
Kamillenbad: zwei Handvoll Kamillenblüten mit 1l kochendem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen. Dies dem Badewasser zufügen. Badezeit:15-20 Minuten.
Rollkur: eine Tasse warmen, ungesüßten Kamillentee in kleinen Schlucken trinken. Dann 5 Minuten Seitenlage links, 5 Minuten auf dem Bauch und 5 Minuten Seitenlage rechts. Wichtig ist das links herum drehen! 1-2 mal täglich durchführen.
Kamillenöl: Kamillenblüten in Speiseöl einlegen und 3 Wochen an einer sonnigen Stelle ziehen lassen, dann abseihen.
Kamillentinktur: Kamillenblüten in Rum (54%) einlegen und an einem sonnigen Ort 3 Wochen ziehen lassen, abseihen.
Kamillensäckchen: Kamillenblüten in ein Stoffsäckchen füllen. Dieses bei Bedarf über Wasserdampf oder im Backofen erwärmen.
Behandlung:
Magenverstimmung und Krämpfe im Margen-Darm-Trakt:
Kamillentee: eine bis drei Tassen nach Bedarf, bei starken Krämpfen mit Gänsefingerkraut mischen. Den Bauch mit Kamillenöl einreiben oder eine Auflage mit Kamillentee auflegen.
Magenschleimhautentzündung und Reizmagen:
Eine Wechselkur durchführen: 5 Tage Schleimdroge (z.B. Leinsamen), 5 Tage entzündungshemmende Droge (z.B. Kamille), 5 Tage Gerbstoffdroge (z.B. Salbei). Jeweils drei Tassen Tee täglich trinken. Nach 2 Wochen Pause wiederholen.
Nervöse Magenbeschwerden:
Drei Tassen täglich trinken, 2 Wochen lang. Kamillenblüten verwenden oder als Teemischung zu gleichen Teilen mit Melisse oder Johanniskraut (auch beides) gemischt. Auch ein warmes Kamillensäckchen auf dem Bauch kann angenehm sein.
Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür:
Eine Rollkur durchführen, Zeitraum ca. 3-4 Wochen. 2x täglich 20 Tropfen Kamillentinktur einnehmen.
Blähungen und Reizkolon:
Kur mit Kamillentee über 2-3 Wochen bei chronischen Beschwerden. Bei akuten Blähungen ein bis zwei Tassen Kamillentee trinken bzw. eine Einreibung des Bauches mit Kamillenöl oder ein erwärmtes Kamillensäckchen auf den Bauch auflegen solange es angenehm ist.
Wundbehandlung:
Zum Auswaschen frischer, offener Wunden lauwarmen Kamillentee verwenden. Bei entzündeten Wunden Waschungen bzw. Auflagen mit kaltem Kamillentee machen. Im Wechsel Kamillensalbe (nicht in offene Wunden) auftragen.
Entzündungen im Mund und Rachenraum:
Spülungen mit lauwarmem Kamillentee bzw. mit Kamillentinktur in Wasser gemischt.
Pilzerkrankungen, Entzündungen und Reizungen im Vaginal- und Analbereich:
Kamillendampfbäder durchführen bzw. Kamillenbäder machen. Zeitraum: ca. 2 Wochen, 1-2 mal täglich. Auch Kamillenspülungen (mit Tee oder Mischung Wasser-Tinktur) sind hilfreich.
Schnupfen und Entzündungen der Nebenhöhlen:
Kamilleninhalation 2 mal täglich, bis zu 2 Wochen lang. Auch Kamillenvollbäder unterstützen die Heilung.
Akute Ekzeme:
Bei feuchten Ekzemen Auflagen mit lauwarmem Kamillentee machen oder ein erwärmtes Kamillensäckchen auflegen. Achtung bei Allergikern kann dies zu erneuten Hautreizungen führen! Bei trockenen Ekzemen Kamillensalbe auftragen.
Einschlafstörungen:
V.a. für Kinder ein gutes Einschlafmittel. Eine Tasse Kamillentee eine Stunde vor dem Schlafengehen trinken. Ein Kamillensäckchen als Schlafkissen verwenden.
Geschichte:
Die Kamille wurde schon von den arabischen Ärzten (z.B. von Avicenna) als Öl bei Neuralgien verwendet. Auch bei den Griechen und Römern wurde sie gegen Neuralgien, Fieber und Gelbsucht eingesetzt. Die Kamille ist eine alte Frauenpflanze, was sich aus ihrem lateinischen Namen ableiten lässt. Mater heißt Mutter und matrix heißt Gebärmutter. Bei Krankheiten des Wochenbetts und zur Säuglingsbehandlung war sie die wichtigste Heilpflanze. Die Kamille wurde auch religiös, z. B. bei den Ägyptern als Blume des Sonnengottes, verehrt. Im germanischen Volksglauben galt sie als heilig und wurde ebenfalls mit der Sonne verglichen. Sie war die Pflanze des Sonnengottes Baldur.